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othello im radio


in ensuite


Freitag 01. Februar 2008


Geräusche dröhnen aus einem Radio, werden immer lauter und lauter, bis sie verhallen und kein Ton mehr zu hören ist.


Zu sehen ist kein richtiges Radiostudio, sondern der Innenraum eines Flugzeugs (Bühnenbild: Miguel Palma). Das neueste Stuck von Alvaro García de Zúñiga beginnt mit den Worten «Mein genug ist fertig.» Der uruguayanische Musiker und Theatermann hat sich das lustvolle Wortspiel zur Lebensaufgabe gemacht. Mit «radiOthello» ist ihm dies – dank der genialen Übersetzung von Leopold von Verschuer – glänzend gelungen.


Wie ein «Parleur, der die Sprache ausgesprochen propagiert, durch seine Aussprache prädestiniert, präferiert,... prominent, prägnant, provozierend oder provokant,..., profiliert, promoviert, und nie und nimmer profitorientiert... (Leopold von Verschuer als Jago).


In «radiOthello» fliessen Wort-, Hör-, und Theaterspie ineinander über, ohne sich gegenseitig zu konkurrieren. Auf emnmal ertönt eine Stimme, die das «uninformiert sein mit dem Uniformiertsein» vergleicht. Dann palavern die Mitarbeitenden elnes Radiosenders in einer «fliegenden Sendestation» über die Idee, ein «Othello»-Hörspiel zu realisieren. Um das Radio vor dem Bankrott zu retten und das Grounding abzuwenden, gibt das Radioteam sein Schau- und Hörspiel zum Besten. Wer spricht bzw. spielt ist hier egal, nur die ldee zählt. Doch nicht alle im Team zeigen sich begeistert. Die Vorstellung, dass ein Ausiänder (Gastschauspieler William Nadylam) den Othello spielen soll, stösst auf Unbehagen. Mit seinem französoschen Akzent ist er eine Zumutung für die Schweizer Zuhörerinnen und Zuhörer und eine Gefahr für das Radio.


Zuñiga interessiert sich in seinem aktuellen Stück einmal mehr für das Fremde, das Fremdsein, das Sich-Fremdfühlen. In Shakespeares «Othello» ist der Mohr aus Venedig ein nordafrikanischer Adelsmann, über dessen Hautfarbe sich die Literaten bis heute uneinig sind. Und was für ein Ausländer ist Zuñigas Othello? Steckt hinter dem französischen Akzent einExil-Franzose oder ein Portugiese, der französisch sprechen kann? Schweizer st er bestimmt nicht, das ist klar. Wie sinnlos diese Etikettierungen sind, versucht Zuñiga mit Hilfe der Sprache zu zeigen: «Ohne Präzisierung, inwieweit eine güne Sache mehr zu gelb oder blau tendiert, ist das Wort grün vage.» Genauso vage wie die Farbe grün sind auch alle anderen Wortbezeichnungen.


«radiOthello» ist ein Wortspiel über das Menschsein und menschliche Beziehungen, die mit Hilfe der Sprache dauernd codiert und decodiert werden. Protagonisten wie in Shakespeares Stück existieren nicht. Alles was sie sagen ist relativ. Sie sprechen nur miteinander, da sie vor den Folgen mangelhafter Kommunikation, vor dem Allensein und dem Fremdsein Angst haben.


seine Auselnandersetzung


In «radiOthello» schliesst Zuñiga mit dem Fremdsein ab, wie er selbst meint. Er fühle sich heute zwar weniger fremd, dafür aber einsamer. Die Differenz zwischen einer Mehrheit, die aufgehört hat, über Worte nachzudenken, und einer Minderheit, die versucht, diese zu verstehen, erschrecke ihn. Dennoch ister nicht zu Kompromissen bereit, da er mit ihnen zu tief fallen und die hohen Ansprüche an sich selbst verlieren würde.


«radiOthello» ist eine Tragikomödie, die er innerhalb seiner Textreihe «Actueur» geschrieben hat. Der Sprechende bzw. der Schauspieler ist gleichzeitig acteur (Spieler) und tueur (Mörder) und besitzt das Potenzial, das zu vernichten, was er spielt. Am Ende hört das Hör- und Schauspiel mit denselben Worten auf wie es begonnen hat: «Mein genug ist fertig». Da bleibt einem nur noch, rechtzeitig die richtige Frequenz einzuschalten und abzuwarten, was passiert. Für einmal ist zuschauen im Radio erlaubt.


Von Ana-Laura Spehar



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